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Mittwoch, 9. Mai 2012

Eine Geschichte

Lydia I

Ich war erst vor zwei Wochen in das Appartement gezogen. Es war eine hübsche kleine Wohnung im zweiten Stock mit einem Schlafzimmer, einem kleinen Bad und einem Wohnzimmer mit Kochnische. Als Duncan mich verlassen hatte, war ich sofort zu meinen Eltern aufs Land geflüchtet. Für volle zwei Monate lag ich im Bett meines früheren Kinderzimmers und weinte. Manchmal schrie ich, manchmal schlief ich und ganz selten bewegte ich mich die Stufen hinunter in die Küche um etwas zu essen. Doch die meiste Zeit weinte ich. Der Verlust des Geliebten verursachte in mir Schmerzen die ich bisher noch nicht gekannt hatte. Bevor Duncan beschlossen hatte sein Leben ohne mich weiterzuführen waren wir vier Jahre ein Paar gewesen. Es war eine großartige Beziehung gewesen. Bestimmt nicht die Beste aber immerhin eine Beziehung. Alles war besser als diese Leere, als diese widerwärtige Einsamkeit.

Schließlich wurde ich von meinen Eltern genötigt mir eine Bleibe zu suchen und meinen Weg zurück ins Leben zu gehen. Da ich meinen Job in der Firma von Duncans Onkel auf keinen Fall behalten wollte, musste ein Neuer her. Ich fand schließlich einen netten kleinen Buchladen, in dem ich als Verkäuferin anfing. Der Besitzer des Ladens hieß Sean und war ein bärtiger Schotte so um die 60. Er roch nach Pfeifentabak gemischt mit einer Note Marihuana. Ein Althippie eben. Sean hatte mich wegen meiner Deutschkenntnisse eingestellt um mit Verlagen in Österreich, der Schweiz und Deutschland zu verhandeln. Dank meiner Mutter die in Wien geboren und aufgewachsen und erst mit meinem Vater nach Irland gekommen war, wurden ich und mein Bruder John zweisprachig erzogen. Die Arbeit in dem Laden gefiel mir gut. Die Kunden waren freundlich und mit Sean konnte man gut über Musik und Alkohol reden. Die zwei einzigen Interessen die mir nach Duncans Verlust geblieben waren.
Es war kein glorreiches Leben in das ich zurückgekehrt war aber immerhin war es mein eigenes.

Eines Tages, als ich nach einem weiteren Tag im Laden nach Hause kam, fiel mir die Krähe zum ersten Mal auf. Sie saß auf dem Mauervorsprung vor meinem Haus und krähte laut als ich mich der Eingangstür näherte. Es klang ein wenig wie Lachen, wie bösartiges Gekicher darüber, dass ich verdammt war dieses jämmerliche Dasein zu fristen. Ich hasste diesen Vogel vom ersten Augenblick an. Jeden Tag als ich nach Hause kam saß er da und sah mich an. 

.... to be continued

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