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Donnerstag, 19. Juli 2012

Der Leichenkönig

von Tim Curran
Copyright by Atlantis


Auf den Feldern der Toten wird die Ernte eingeholt. Bestellt von Erweckungsfarmern mit schmutzigen Fingern, kalten Herzen und gierigen Gedanken, werden die Felder mit Schaufel und Spaten und Schweiß bearbeitet. [...] Die Leichenernte wird auf schlammigen Karren aufgebahrt und zu Markte getragen, um an den Meistbietenden verkauft zu werden, zur Versorgung von Autopsiesälen und Anatomielaboren. [Atlantis]




Edinburgh, 19.Jahrhundert: die zwei Leichendiebe Samuel Clow und Mickey Kierney bestreiten ihren Lebensunterhalt mit dem Diebstahl von (eben) Verstorbenen, denn die aufblühende Wissenschaft zahlt gut für  frisches Forschungsmaterial. In einer Stadt - in einer Zeit in der gut 90% der Bevölkerung in bitterster Armut und Dreck dahin siechen muss, leben die Zwei auch ganz gut davon bis sie Ihm begegnen- dem Leichenkönig. Eine Kreatur, die unter den Weiten des Friedhofs zu leben scheint und sich von den Gebeinen der Toten ernährt.


Was soll ich sagen?! Ich liebe Tim Curran! Er ist ein Meister darin, grauenvolle Bilder so zu beschreiben, dass man den Tod (oder wie in diesem Fall die Fäkalien, den Dreck, das Blut, die Krankheit, die Fäulnis...) förmlich riechen kann. In einem Interview auf den letzten 5 Seiten des Buchs erklärt er seine Faszination für "weird history" also speziell grausige Fakten aus den dunklen Zeitaltern der Menschheit.


Daher beschreibt er auch das Handwerk der Leichendiebe, deren Existenz historisch belegt ist, mit viel Liebe zum Detail und diebischer Freude an den ekligen Einzelheiten ihres Tuns. 

Leider habe ich (bis jetzt) nur die deutsche Version gelesen, kann aber sogar die wärmstens empfehlen, da der Übersetzer, Ben Sonntag, es tatsächlich geschafft hat die Geschichte bestmöglich und würdevoll einzudeutschen. Lediglich die Dialoge sind manchmal etwas zu Norddeutsch geraten, was aber auch daran liegen mag, dass die Edinburgher Gossensprache des 19.Jahrhunderts undankbar zu übersetzen ist. 
Das sei ihm also verziehen.


Fazit: eine großartige, gruselige und wahrhaft widerwärtige Geschichte aus dem Hause Curran oder auch:
wem Black Death gefallen hat, der wird den Leichenkönig lieben.

DiMi






   






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